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Berliner Halbmarathon: Äthiopische Favoriten und starke Deutsche versprechen heißes Rennen in der Kälte

In der Spitze hochklassig besetzt und in der Breite mit einem Rekordfeld: Der 44. Generali Berliner Halbmarathon verspricht am Sonntag ein heißes Rennen bei sehr kalten Temperaturen. Dabei könnten am Ende die Frauen für die Schlagzeilen sorgen, denn mit Fotyen Tesfay startet die drittschnellste Läuferin aller Zeiten in Berlin. Auch bei den Männern kommt der schnellste Läufer auf der Startliste aus Äthiopien: Gemechu Dida. Hier treffen mit Amanal Petros und Richard Ringer zwei deutsche Marathonläufer aufeinander, die beide schon einmalige Leistungen erreicht haben. Die Veranstalter registrierten für den mit Abstand größten und spektakulärsten deutschen Halbmarathon eine Rekord-Meldezahl von 40.721 Läufern aus 135 Nationen. Damit rückt der Lauf auf zu den größten Rennen der Welt über die 21,0975-km-Distanz.

Zuversichtlich gehen Johannes Motschmann, Amanal Petros, Gemechu Dida und Richard Ringer in Berlin an den Start. Foto: SCC EVENTS / Petko Beier
Zum ersten Mal meldeten sich über 40.000 Läufer für den größten deutschen Halbmarathon an. Foto: SCC EVENTS / Sportfotograf

Das Rennen der Frauen

Fotyen Tesfay ist die schnellste Halbmarathon-Läuferin, die je im deutschsprachigen Raum auf der Startliste eines Straßenrennens stand. Mit Ihrer Bestzeit von 63:21 Minuten, die sie im vergangenen Oktober in Valencia lief, ist sie nur 29 Sekunden entfernt vom Weltrekord ihrer Landsfrau Letesenbet Gidey (62:52). „Ich bin nach Berlin gekommen, um meine Bestzeit zu unterbieten. Ich weiß, dass die Strecke sehr gut ist, denn es gab eine Reihe von äthiopischen Läuferinnen, die hier erstklassige Leistungen erzielt haben. Daher habe ich sehr hohe Erwartungen“, sagte Fotyen Tesfay. Geht sie ein entsprechendes Tempo tatsächlich an, wäre dies zugleich ein Angriff auf den Weltrekord. Allerdings können sich die vorhergesagten sehr kalten Temperaturen leistungsmindernd bemerkbar machen. Der Berliner Streckenrekord von 65:02 Minuten und die Jahresweltbestzeit (64:13) sind aber realistische Ziele. „Mit Fotyen Tesfay haben wir eine Läuferin am Start, die eine Zeit erreicht hat, über die sich noch vor ein paar Jahren deutsche Männer gefreut hätten“, sagte Race-Direktor Mark Milde.

Eine Athletin, die Fotyen Tesfay herausfordern könnte, ist ihre Landsfrau Ftaw Zeray. Sie war vor einem Jahr in Berlin bereits Zweite und hat eine Bestzeit von 66:04. „Ich laufe gerne in Berlin. Mein Ziel ist eine persönliche Bestzeit“, sagte Ftaw Zeray. 

Zwei starke britische Läuferinnen, die zur erweiterten europäischen Spitze zählen, könnten eine gute Rolle spielen: Jessica Warner-Judd hat eine persönliche Bestzeit von 67:07 und Samantha Harrison erreichte bisher 67:10 Minuten. Beide wollen sich nach Krankheits- beziehungsweise Verletzungsproblemen zurückmelden. 

Zwei deutsche Läuferinnen könnten sich am Sonntag an den Britinnen orientieren: Gesa Krause (Silvesterlauf Trier) und Esther Pfeiffer (Düsseldorf Athletics) führen mit fast identischen Bestzeiten von 69:46 beziehungsweise 69:49 das deutsche Elitefeld an. Beide wollen sich in Berlin weiter steigern. Die Weltklasseläuferin über 3.000 m Hindernis, Gesa Krause,  konzentriert sie sich in diesem Frühjahr auf die Straßenrennen, und der GENERALI BERLINER HALBMARATHON ist dabei der Höhepunkt. „Ich bin ja schon 2018 hier gelaufen und habe den Halbmarathon als ein tolles Rennen in Erinnerung. Damals habe ich viele positive Erfahrungen gesammelt und freue mich, nun wieder in Berlin laufen zu können“, sagte Gesa Krause, die vor sieben Jahren in Berlin Platz fünf in 72:16 belegt hatte. Im Sommer wird die Hindernis-Vize-Europameisterin wieder auf die Bahn zurückkehren. Ein Marathon-Debüt ist noch nicht absehbar, aber in ihrer langfristigen Planung.

Für eine Überraschung sorgen könnte Blanka Dörfel (Marathon Team Berlin). Die 22-Jährige, deren Bestzeit ihr deutscher Rekord der unter 20-Jährigen ist (71:54), will sich nach mehreren Jahren mit Verletzungs- und Krankheitsproblemen zurückmelden. Dies gilt nach derartigen Problem auch für Rabea Schöneborn (Bestzeit: 70:35) und Kristina Hendel (70:38), die beide für das Marathon Team Berlin starten.

Das Rennen der Männer

Ein spannender Zweikampf zwischen dem Äthiopier Gemechu Dida und dem Kenianer Gideon Kiprotich zeichnet sich bei den Männern ab. Beide reisen in Topform nach Berlin. Dida hat eine Bestzeit von 58:39 und ist damit sogar drei Sekunden schneller als der Berliner Streckenrekord (58:42). Er war im Februar in 59:25 Zweiter beim hochklassigen Ras Al Khaimah-Halbmarathon in den Vereinigten Arabischen Emiraten. „Ich habe gut trainiert und mein Ziel ist es, am Sonntag zu gewinnen“, sagte Gemechu Dida. Kiprotich gewann vor einem Monat den Rom-Ostia-Halbmarathon und steigerte sich dabei auf 58:49. Für die Kenianer geht es auch um die Fortsetzung ihrer eindrucksvollen Berliner Erfolgsserie: Seit 2017 belegten sie bei dem Rennen immer zumindest die ersten drei Plätze.

Amanal Petros (Hannover 96) rückte spät noch in das Elitefeld nach. So könnte es nun zu einem spannenden Duell mit Richard Ringer (LC Rehlingen) kommen. Petros ist der deutsche Halbmarathon-Rekordler (60:09) und der erste Läufer in der deutschen Leichtathletik-Geschichte, der zudem die nationalen Bestmarken auch im Marathon und über 10 km gebrochen hat. Ringer schrieb 2022 in München nationale Leichtathletik-Geschichte: Er gewann als erster Deutscher den Männer-Marathon bei den Europameisterschaften. 

„Ich bin optimal vorbereitet und gestern aus dem Höhentrainingslager in Kenia nach Berlin gereist“, sagte Amanal Petros. „Ich würde gerne in Richtung deutscher Rekord laufen. Diese Marke ist ja auch schon vier Jahre alt.“ Ein ganz so schnelles Rennen plant Richard Ringer allerdings nicht. „Ein Angriff auf den deutschen Rekord ist noch ein bisschen weit hergeholt, aber eine persönliche Bestzeit unter 61:00 ist das Ziel“, sagte Ringer, dessen Bestzeit bei 61:09 steht.

Für eine Überraschung sorgen könnte Johannes Motschmann (Marathon Team Berlin), der sich im Januar in Houston auf 61:03 Minuten steigerte und damit in der deutschen Alltime-Bestenliste als Vierter sogar vor Richard Ringer steht. In Houston gelang ihm diese persönliche Bestzeit übrigens bei eiskaltem Wetter. „Ich hoffe, dass ich eine Zeit unter 61 Minuten erreiche. Die Kälte macht mir nichts aus“, sagte Johannes Motschmann. 

„Wir haben ein starke Breite an deutschen Topläufern, so dass man schon von inoffiziellen Deutschen Meisterschaften sprechen kann“, sagte Mark Milde.

Topläufer mit Bestzeiten

MÄNNER

Gemechu Dida           ETH                            58:39   

Gideon Kiprotich        KEN                            58:49   

Richard Etir                KEN                            59:32   

Amanal Petros           GER                           60:09

Diego Estrada            USA                            60:49   

Robert Koech             KEN                            60:56   

Johannes Motschmann         GER                61:03   

Richard Ringer           GER                           61:09   

Carlos Diaz                CHI                             61:32              

Akira Aizawa              JPN                            61:45   

Curtin Fearghal          IRL                              61:45   

Jonathan Dahlke        GER                           62:29   

Filimon Abraham        GER                           62:35              

 

FRAUEN

Fotyen Tesfay            ETH                            63:21   

Ftaw Zeray                 ETH                            66:04   

Jessica Warner-Judd GBR                            67:07   

Samantha Harrison    GBR                           67:10   

Caroline Korir             KEN                            67:57   

Winnie Kimutai           KEN                            68:41   

Diana Chepkorir         KEN                            69:24   

Martina Strähl            SUI                              69:28              

Gesa Krause              GER                           69:46   

Esther Pfeiffer            GER                            69:49   

Malindi Elmore           CAN                            70:11   

Georgie Grec             NZL                            70:12              

Rabea Schöneborn    GER                           70:35   

Kristina Hendel          GER                            70:38   

Blanka Dörfel             GER                            71:54   

Mia Jurenka               GER                            71:56   

 

Text: Jörg Wenig

Fotos: SCC EVENTS / Petko Beier, SCC EVENTS / Sportfotograf