Soufiane El Bakkali hat die Hindernis-Goldmedaille offenbar im Abonnement: Auch beim vierten großen globalen Finale in Folge war der Marokkaner nicht zu schlagen, während sein vermeintlich schärfster Rivale, Lamecha Girma (Äthiopien), schwer stürzte. In Paris siegte der 28-Jährige El Bakkali im 3.000-m-Hindernisfinale in 8:06,05 Minuten. Ein weiteres Mal sorgte ein US-Läufer bei den Olympischen Spielen für eine sehr große Überraschung: Kenneth Rooks schnappte sich die Silbermedaille in 8:06,41 vor dem Kenianer Abraham Kibiwot, der nach 8:06,47 im Ziel war. Auch auf den folgenden beiden Plätzen gab es Überraschungen, denn die Tunesier Mohamed Amin Jhinaoui (8:07,73) und Ahmed Jaziri (8:08,02) liefen auf die Ränge vier und fünf. Der einzige Europäer in diesem Finale, der Spanier Daniel Arce, wurde Zehnter in 8:13,80.
Ziel der Äthiopier war es offensichtlich, mit einem schnellen Tempo zum Erfolg zu kommen. Denn Soufiane El Bakkali war in dieser Saison nach einer Verletzung nicht so stark wie in den letzten Jahren. Samuel Firewu führte das Feld nach 2:39,5 Minuten durch die 1.000-m-Marke. Doch bald darauf verlangsamten die Äthiopier das Tempo wieder, womit ihre eigene Taktik hinfällig war. Das Feld blieb dadurch bis in die Schlussphase des Rennens eng zusammen, was El Bakkali entgegen kam.
Dramatisch wurde es dann in der letzten Runde, in der zunächst Kenneth Rooks an die Spitze stürmte. Kurz vor dem drittletzten Hindernis startete der äthiopische Weltrekordler Lamecha Girma (7:52,11) seinen Angriff. Er sprintete förmlich auf das Hindernis zu, blieb mit dem Knie hängen und knallte hart auf die Bahn, wobei er offenbar auch mit dem Kopf aufschlug. Nach vier Silbermedaillen in Folge (dreimal WM, einmal Olympia) platzte der Traum vom Gold auf brutale Weise. Ohne seinen schärfsten Rivalen hatte Soufiane El Bakkali relativ leichtes Spiel und wurde zum zweiten Mal in Folge Olympiasieger. Zuletzt hatte er auch zweimal den WM-Titel gewonnen.
Lamecha Girma war laut Informationen der französischen Sportzeitung „L’Équipe“ kurzzeitig bewusstlos, dann aber wieder ansprechbar. Er wurde ins Krankenhaus gebracht. Am Tag danach gab sein Management „Elite Running Team“ Entwarnung: „Nach einer vollständigen medizinischen Untersuchung in der Nacht, wurde bestätigt, dass Lamecha Girma keine schwere Kopfverletzung erlitten hat. Sein Bein wird noch untersucht, bevor er das Krankenhaus verlassen darf. Wir danken dem französischen Medizin-Team und allen anderen für die Unterstützung.“
Es wäre eine kleine Überraschung gewesen, wenn einer der drei deutschen Läufer das Finale erreicht hätte. Die ersten Fünf aus den drei Vorläufen qualifizierten sich für den Endlauf. Eine sehr starke Leistung zeigte Frederik Ruppert (SC Myhl), der in seinem Vorlauf als Sechster ins Ziel lief. Mit 8:25,31 Minuten fehlten dem EM-Vierten nur vier Hundertstelsekunden zum Finale. Der EM-Bronzemedaillengewinner Karl Bebendorf (Dresdner SC) wurde Siebenter in seinem Rennen mit 8:20,46. Hier fehlten gute zwei Sekunden zum Finale. Velten Schneider (VfL Sindelfingen) belegte in seinem Vorlauf Platz zehn mit 8:25,75.
Text: Jörg Wenig / Race News Service
Foto: World Athletics / Dan Vernon